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Alexander der Große

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2023-01-16 2023-01-16 16.01.2023
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Alexander dem Große

Von Alexander dem Großen (geb. 356 in Pella, gest. 323 in Babylon) sind seine militärischen Eroberungen am häufigsten dokumentiert und überliefert. Aus heutiger Sicht sind es die Strafaktionen und Gräueltaten, die man nicht vergessen darf, die seinen großen Machtwillen und seine Selbstsicht als von einem Gott abstammend, sich nicht mit unseren Maßstäben vereinbaren lassen. Nicht allzu viel ist aus seiner Kindheit überliefert, aber die Umgebung, in der er aufwuchs, ist gut zu beschreiben. Sein Vater, Philipp II., herrschte über den „Kleinstaat Makedonien“ und mehrere griechische Poleis (Städte). Die griechische Polis bestand aus einem Stadtkern und dem dazugehörigen Umland, eine überschaubare Gemeinde.
Platons Idealzahl von einer Polis umfasste 5040 Bürger und bestand aus Grundbesitzern und Verteidigern ihres Landes. Neben der Polis existierte noch der „Ethnos“= „Stammesstaat“. Dieser betraf die Regionen im westlichen und nordwestlichen Griechenland, dort, wo die Besiedlung immer dünner wurde, somit auch das Königreich Makedonien. Die Stellung des Königs war also so ähnlich wie die eines „Stammesoberhaupts“. Für die übrigen Griechen war diese Gesellschaftsordnung „archaisch“, nicht unbedingt nichtgriechisch, aber altertümlich, im Sinne von „nicht mehr zeitgemäß“. Waren doch die alten, homerischen Helden aus der Vergangenheit oftmals auch Könige (z. B. Agamemnon und Menelaos) und die homerischen Gesänge immer noch den damaligen Griechen präsent. Dabei sei noch mal daran erinnert, dass Aristoteles seinem Schüler Alexander eine Abschrift der Ilias geschenkt hat.
Von der makedonischen Elite weiß man, dass sie griechisch sprachen. Der lokale Dialekt war den Griechen allerdings unverständlich, „barbarisch“. Von den wenigen Worten, die aus dem Makedonischen überliefert sind, weiß man heute zumindest, dass es eine indogermanische Sprache war (keine slawische Sprache, wie das heutige Mazedonisch!). So lag es nahe, dass König Philipp II. seinen Sohn Alexander einem griechischen Lehrer anvertraute. Aristoteles, der ja selbst schon in jungen Jahren in Athen eine Lehrtätigkeit ausübte, war sicherlich eine ideale Wahl. Die Ethik des Aristoteles, kurz beschrieben, befasst sich mit der Ausbildung von Tugenden („Arete“, auch „Bestzustand“), deren oberstes Ziel das Glück („Endaimoneia“) sein soll. Nach Auffassung des Aristoteles ist das Glück eine Tätigkeit der Seele gemäß der Gutheit, und wenn es mehrere Arten von Gutheit gibt, im Sinn derjenigen, welche die beste und am meisten ein abschließendes Ziel ist. Hinzufügen müssen wir noch ’in einem ganzen Leben’. Denn eine Schwalbe macht noch keinen Frühling, auch nicht ein Tag. So macht auch ein Tag oder eine kurze Zeit keinen selig („makarios“) und glücklich („endaimon“)“. Alexander hat dies verstanden und umgesetzt in ein klares und zielgerichtetes Verhalten. Ein Ausspruch von Alexander fasst alles zusammen: „meinen Eltern verdanke ich das Leben, Aristoteles verdanke ich das gute Leben“.
Auch die politische Philosophie des Aristoteles muss einen großen Einfluss auf Alexander geübt haben. So sah Aristoteles den Menschen als „Zoon Politikon“, als Lebewesen in einer Gemeinschaft, die einer Verfassung bedarf. Die Demokratie war für ihn nur ein „kleineres Übel“, während seine Idealform die Aristokratie war, gemeint war hier die Herrschaft des Guten, was nicht unbedingt ein Königtum bedeutete, sondern nur die Herrschaft desjenigen, der über die größte Tugend verfügte. Dass Alexander auch die Fähigkeit besaß, sich für ein höheres Ziel zurückzunehmen, bezeugt sein Opfer in Troja an den homerischen Helden Achill, den er sehr verehrte und der sein Vorbild war, sowie sein Aufenthalt in der Oase Siwa / Ägypten, wo er seine höhere Legitimation als Herrscher göttlicher Herkunft erhalten haben soll. Die reale, weltliche Legitimation war folgerichtig die Anerkennung seiner Generalität als Heerführer und die seines Gefolges als Herrscher. Umgekehrt gab Alexander seine Forderung nach der „Proskynesis“ (Niederknien vor seiner Person) auf, nachdem seine makedonischen Generäle protestiert hatten, ihn sozusagen an seine „Wurzeln“ erinnert haben. Erkennbar wird daran Alexanders durchgehendes und oberstes Ziel, nämlich die Verbreitung der griechischen Kultur. Auf seine Initiative hin, sollten Kinder aus Persien, Baktrien und andern eroberten Gebieten griechisch lernen und schreiben, um Homer und die griechischen Dichter, insbesondere die Tragiker, zu lesen und zu studieren. Dadurch sollten sie in die griechische Kultur eingeführt werden.
Auch die sog. „Massenhochzeit“ von Susa kann in diesen Kontext gebracht werden. Ihr Ziel war nicht nur eine Vermischung der Kulturen, sondern sie war auch ein Akt der Versöhnung mit den von ihm eroberten Völkern, hatten doch die Eroberungen viele Menschenleben gekostet – allerdings eine Versöhnung ohne Aufgabe der Axiome der eigenen griechischen Kultur. Bis zu seinem Lebensende hat Alexander somit bewiesen, dass Aristoteles als sein Lehrer mehr Einfluss auf ihn hatte, als derzeit in der Literatur über Alexander angenommen wird, obwohl seine schon erwähnten grausamen Taten eine Seite seines Charakters zeigten, die hauptsächlich dann zutage trat, wenn er sich bei ausschweifenden Gelagen allzu sehr dem Alkoholgenuss hingegeben hatte. Seine Nachfolger, die sog. „Diadochen“ und „Epigonen“ haben ebenfalls zur Verbreitung der griechischen Kultur beigetragen, nicht ohne Grund heißt diese Zeitepoche „Hellenismus“ (abgeleitet von „Hellenen“ = Griechen). Sogar im gesamten östlichen Teil des Mittelmeeres wurde noch zur Zeit der römischen Herrschaft und später griechisch gesprochen. Letztlich hat die Entwicklung der griechischen Kultur und Wissenschaft noch Auswirkungen bis heute.